DÜRRE: Hinter­grund­infor­ma­ti­onen zum Thriller

Das Erscheinungsjahr meines Thrillers „DÜRRE“, 2021, wird uns in Mitteleuropa glücklicherweise nicht wegen eines möglichen titelgebenden Ereignisses hier in Mitteleuropa in Erinnerung bleiben. Im Gegenteil.

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Zur großen Freude der Land- und Forstwirtschaft brachten das Frühjahr und der Sommer 2021 bundesweit überdurchschnittlich viel Regen, was die hochgradige Trockenheit der Böden und Wälder etwas zu lindern vermochte, die uns die extremen Dürrejahre 2018 und 2019 – und mit Abstrichen auch 2020 – beschert haben. (Wobei der September 2021 im langjährigen Mittel betrachtet schon wieder deutlich zu trocken war, aber ein Fazit für das gesamte Jahr wird man natürlich erst in einigen Monaten ziehen können.) Dieses Jahr wurden wir also von Dürren verschont; dafür haben wir auf brutale Art und Weise das Gegenteil davon erleben müssen. Die Flutkatastrophe im Ahrtal, mit mindestens 133 Toten, hunderten Verletzten und ebenso vielen zerstörten Gebäuden, wird uns noch sehr lange im Gedächtnis bleiben.
So gegensätzlich Überflutungen und Dürren auf den ersten Blick auch erscheinen mögen; leider kann die kaum zu übersehende Häufung beider Phänomene auf denselben Nenner zurückgeführt werden – dem Klimawandel. Mit fortschreitender Klimaerwärmung werden wir mit einer Zunahme von Extremwetter-Ereignissen wie Starkregen, Hagelstürmen, Tornados und eben auch Dürren konfrontiert. Hierzu habe ich am Ende dieses Background-Artikels eine Arbeit des Climate Service Centers des Helmholtz-Zentrums Geesthacht verlinkt (plus, wie in meinem Nachwort zu „DÜRRE“ versprochen, viele weitere Links zu interessanten Websites bzw Aufsätze/Arbeiten, die mir bei meinen Recherchen für diesen Roman sehr geholfen haben).

An der weltgrößten Warenterminbörse in Chicago haben sich die Preise für Weizen und andere Grund­nahrungs­mittel binnen eines Jahres teilweise verdoppelt

Kurz und vereinfacht gesagt: Unsere Winter in Mitteleuropa werden wärmer und nasser werden, unsere Sommer dagegen heißer und trockener. Vor allem die Landwirtschaft bekommt dies längst zu spüren. Missernten häufen sich; vielerorts wurde aufgrund der veränderten klimatischen Bedingungen in Deutschland sogar schon auf die Aussaat bestimmter Sorten verzichtet (z.B. auf Raps im Herbst 2019). Weltweite Ernteeinbrüche, sowie Logistikprobleme aufgrund der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021, treiben die Preise für Nahrungsmittel immer weiter in schwindelerregende Höhen. An der weltgrößten Warenterminbörse in Chicago haben sich die Preise für Weizen und andere Grundnahrungsmittel binnen eines Jahres teilweise verdoppelt und notieren auf Rekordhöhen. Das kann angesichts der Ursachen, vor allem aber der düsteren Prognosen kaum überraschen. Ernährungssicherheit zu generieren ist eine komplexe, vielschichtige Herausforderung, die sich aus Nahrungsverfügbarkeit, Zugang zu Nahrung, Nahrungsverwendung und Stabilität dieser drei Komponenten zusammensetzt.

Um nicht Gefahr zu laufen, mich zu wiederholen, möchte ich an dieser Stelle auf mein Nachwort zu „DÜRRE“ verweisen, in dem ich die Hauptthemen meines Romans beleuchte, wie z.B. Klimawandel. Dürren, Hunger, und was unser menschengemachter CO2-Ausstoß mit all dem zu tun hat. An dieser Stelle also nur in aller Kürze:
Im Jahr 2100 werden voraussichtlich elf Milliarden Menschen auf unserem Planeten leben. Diese Menschen werden körperlich größer und schwerer sein, als wir es heute sind. Wissenschaftler der Universität Göttingen gehen davon aus, dass der weltweite jährliche Kalorienbedarf dann um 80 Prozent höher ist als heute. Demgegenüber fallen jedoch weltweit Ackerflächen durch Bodendegradation und die Ausdehnung von Städten und Siedlungsräumen weg. Erschwerend hinzu kommt das Phänomen zunehmender Desertifikation. Jährlich gehen weltweit 12 Millionen Hektar Ackerland verloren. Das entspricht in etwa der gesamten Ackerfläche Deutschlands. Schon jetzt ist nach UN-Angaben mehr als die Hälfte des verfügbaren Ackerlands weltweit von moderater bis starker Degradation betroffen. Tendenz steigend.

Wüsten­bildung wird sich verstärken

Klimaforscher sind sich einig, dass Häufigkeit sowie Intensität von Dürren mit dem Klimawandel einhergehen, die wiederum Wüstenbildung verstärken. Wissenschaftler der GFS in Brüssel schätzen, dass sich die globalen Anbauerträge bis 2050 um etwa 10 Prozent verringern werden. In Indien, China und Afrika südlich der Sahara könnten sich die Erträge sogar halbieren. Der „Agricultural Outlook 2018-2030“ der EU-Kommission von 2020 prognostiziert ebenfalls einen Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der EU, und zwar wie folgt: Reis minus 15%, Weizen minus 18%, Mais minus 10%.

Im April 2021 hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung juristisch dazu verpflichtet mehr für den Klimaschutz zu tun. Ein deutliches Zeichen und vordergründig zunächst einmal ein toller Erfolg. Nur dürfen wir bei aller Freude eines nicht vergessen: Es ist das Bundesverfassungsgericht, das hier ein Machtwort gesprochen hat, nicht die Politik. Das bedeutet, dass die Sinnhaftigkeit von zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen nicht zwingend auch tatsächlich in allen Parteien angekommen ist. Und offenbar auch leider noch immer nicht bei einem Großteil der Bevölkerung. Anders lässt sich das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2021 nicht interpretieren.

Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der EU

Keine einzige dieser Umweltsünden wurde durch Eigenverantwortung des freien Marktes gelöst.

Dennoch ist die Politik nun zum Handeln gezwungen. Und das ist gut so, denn immer, wenn man in der Vergangenheit in Punkto Umweltschutz auf Freiwilligkeit gesetzt hat, wurde man enttäuscht – sei es durch freiwillige Änderungen in der Industrie oder durch Verhaltensänderungen der Menschen. Die traurige Wahrheit ist, dass Veränderungen nur äußerst selten ohne Druck herbeigeführt wurden. Noch vor wenigen Jahrzehnten haben wir Abfall einfach irgendwo in der Landschaft entsorgt, Atommüll im Meer versenkt, Abwässer ungeklärt in Flüsse und Seen eingeleitet und Abgase ungefiltert durch Kaminschlote oder Auspuffanlagen gejagt. Keine einzige dieser Umweltsünden wurde durch Eigenverantwortung des freien Marktes gelöst. Das alles hat sich nur zum Besseren geändert, weil der Staat eingegriffen und Gesetze eingeführt hat. Und wer bestreitet heute ernsthaft noch die Sinnhaftigkeit eines FCKW-Verbots, oder von Müllrecycling, Kläranlagen, Katalysator oder Partikelfilter?

Noch können wir das Ruder herumreißen und den menschengemachten CO2-Ausstoß eindämmen. Auch wenn wir das mittlerweile berühmt-berüchtigte 1,5-Grad-Ziel, realistisch betrachtet, kaum mehr schaffen werden. Grundsätzlich jedoch bin ich beim Blick in die Zukunft nach wie vor optimistisch. Und zwar aus folgendem Grund: Die Menschheit ist zu „großen Entscheidungen“ fähig. Das zeigt das Beispiel des Ozonlochs und des Montreal-Protokolls. (Auch hierzu findet sich ein Link mit allen Details.) Ich würde mir wünschen, dass in der Politik parteien- und länderübergreifend endlich ein Bewusstsein für den Ernst der Lage hinsichtlich des Klimawandels eintritt, man sich an einen Tisch setzt und gemeinsam als Menschheit handelt. Wie 1987 in Montreal. Wir können es doch. Das haben wir längst bewiesen. Wir müssen nur wollen.

Uwe Laub
Oktober 2021

Noch können wir das Ruder herumreißen